7. Kreuzeswort

Und Jesus rief laut: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!"

(Die Bibel: Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 23, Vers 46)


Staune, was der Dürstende und Gottverlassene ruft: „Vater!" Aber er fühlt nichts von Gottes Nähe und Väterlichkeit, nichts von seiner Fürsorge und Barmherzigkeit. Er fühlt nur furchtbare Gottverlassenheit und erlebt an sich das schreckliche Gottesgericht. Zum zornigen Gott sagt er „Vater"! Die Vernichtung nennt er damit Fürsorge und die Verlassenheit Barmherzigkeit.

Jesus befiehlt: Er bittet nicht, er hofft nicht, er übergibt seinen Geist Gott, vertraut ihm ihn an und tut es auch tatsächlich in diesem Moment. Beten ist hier kein Fragen, kein Versuch, sondern sicherste Gemeinschaft und Übereinstimmung mit Gott. Aber es ist keinerlei Verbindung zwischen ihm und Gott. Jesus fühlt nur, dass Gott alles abgebrochen hat. Wenn der Gekreuzigte seine Seele befiehlt in Gottes Hände, so spricht er von den Händen, die, zum Segen bereit, sich über ihm öffnen. Jesus spricht von dem Gott, der väterlich gütig seine Hände ausstreckt, um zu ergreifen und ans Herz zu ziehen.

Aber Jesus fühlt nur Gottes völlige Abwendung.

Dennoch: Der Gottverlassene ruft „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!" So ruft er gegen aller Erfahrung und Vernunft. Jesus ruft so, weil er glaubt.

Wenn wir Christen Christus das nach-glauben, wie er uns vor-geglaubt hat, würde das heißen:
Wenn Gott uns fern ist, ist er uns nah,
wenn Gottes Gericht uns zu Boden schlägt, dann ist Gott gnädig,
wenn unsere Gebete auf uns zurückprallen, dann erhört uns Gott,
wenn unsere Sünde uns unendlich scheint, dann sind wir heilig;
Zusammenbruch ist Aufbau, Fehlschlag ist Fortschritt,
Vernichtung ist Vollendung.

Wenn alles über uns stürzt und nichts uns bleibt, gerade dann ist Gottes Nähe am größten, wenn wir nicht mehr aus noch ein wissen, gerade dann hat Gott seinen Weg für uns schon gebahnt.

Dr. Martin Luther schreibt dazu:
„Das Evangelium des Kreuzes verkündigen und glauben heißt:
Das Kreuz ist Ruhm,
der Tod Leben,
die Sünde Gerechtigkeit,
der Fluch Segen,
die Verlorenheit Heil."

Glauben wir so, wie Jesus geglaubt hat, dann wären wir fest wie Granit, dann könnte uns nichts mehr treffen, nichts sehr betrüben, dann könnte uns nichts von der Liebe Gottes scheiden in alle Ewigkeit. Gott selbst wäre mit uns.

Allerdings können wir uns diesen rettenden Glauben nicht selber nehmen oder aneignen, sondern Glaube rettet nur, wenn er zugleich der Glaube Jesu Christi ist. Es gibt keinen Sieg des Glaubens, es sei denn im Glauben an den Gottessohn. Nur in dem Glauben an den gottverlassenen Gottessohn werden wir auch zu Siegern über den Tod.

Glauben wir an Christus, dann ist Gott unser Vater, der seine Hände uns entgegenhält.

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