Jesaja 53, 4f.


„Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt.“

(Jesaja 53, 4f.)


Liebe Schwestern und Brüder,

haben Sie schon einmal eine Postkarte zum Karfreitag verschickt? Wahrscheinlich nicht, so würde ich vermuten. Abgesehen davon, dass die Motiv -Auswahl etwas schwierig wäre, was sollte man denn draufschreiben? Schließlich kann man niemandem „Happy Karfreitag“ wünschen.

Dieser Tag, der laut Gesetz in Deutschland als „stiller Feiertag“ zu begehen ist, ist und bleibt ein verstörender Fremdkörper. Hilflos versuchen die Medien „irgendwas Religiöses“ zu bringen, so mancher wundert sich über das „Tanzverbot“ und die geschlossenen Frühlingsfeste und wer noch einen Rest kirchlicher Prägung besitzt, erwägt einen Gottesdienstbesuch, von wegen „höchster evangelischer Feiertag“ und so. Kurzum, die Gesellschaft ist ratlos.

Etwas hilflos wirken aber auch viele Christen. Da übt man sich im Umdeuten und Relativieren des grausamen Todes Jesu, den irgendwie ja niemand gewollt habe, also Pilatus nicht und Judas nicht und Gott schon gar nicht. Und mit uns hat das natürlich auch alles nichts zu tun, höchstens mit dem Leid in der Welt allgemein. Oder so. Dass diejenigen, die dann an Karfreitag in die Kirche gehen, obwohl das sonst selten vorkommt, solches Herumgerede peinlich finden, wundert eigentlich nicht. Eigentlich sind sie ja da, damit Ihnen jemand sagt, was das alles mit ihnen zu tun hat.

Ratlos waren aber auch schon die Jünger Jesu, was sie von diesem furchtbaren Ende ihres Herrn halten sollten. Die Antwort fanden sie in den Schriften des Alten Testaments. Sie lasen beim Propheten Jesaja vom leidenden Knecht Gottes. Und in diesen Worten fanden sie den Schlüssel, um den Tod Jesu am Kreuz richtig deuten zu können. Da ist nicht einfach jemand gescheitert, sondern es musste so sein. Dieser Tod hat etwas mit uns, genauer gesagt mit unseren Sünden zu tun. Das Kreuz war ein Opfer, das Blut ist für die Vielen geflossen. Auf Golgatha hat nicht einfach ein Mensch mit einer besonderen Gottesbeziehung sein Leben gelassen, sondern da stirbt Gottes Sohn für uns. Um die ganze schreckliche Schieflage, in die die Welt und alle Menschen geraten waren, wieder gerade zu rücken. Das Ziel und die Frucht dieses Leidens ist Frieden und Heilung. Das steht in diesen Worten Jesajas.

Trotzdem bleibt am Karfreitag die Hilflosigkeit, mit der wir als Menschen vor Leid und Tod stehen. Angesichts des Kreuzes ist das auch angemessen. Wir sollten da nichts wegerklären und uminterpretieren und ausblenden. Sondern schweigen und Gott anbeten.

Für Jesus ist der Tod nicht das Ende. In den USA gibt es übrigens Postkarten, die man zu Karfreitag verschicken kann. Auf einer habe ich gelesen: „It is finished. – The hope of easter begins.” “Es ist vollbracht. – Die Hoffnung auf Ostern beginnt.“

Pastoralreferentin Dr. theol. Andrea Grünhagen

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